Optimale Wahl der Steuerklasse für Ehegatten, die beide als Arbeitnehmer tätig sind
Die Wahl der richtigen Steuerklasse ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die im Laufe des Jahres einbehaltene Lohnsteuer noch nichts über die Höhe der für das Jahr zu zahlenden Einkommensteuer besagt. Die vom Arbeitslohn einbehaltenen Beträge an Lohnsteuer stellen im Regelfall nur Vorauszahlungen auf die endgültige Jahressteuerschuld dar. In welcher Höhe sich nach Ablauf des Jahres Erstattungen oder Nachzahlungen ergeben, lässt sich nicht allgemein sagen. Hier kommt es immer auf die Verhältnisse des Einzelfalls an (zum Beispiel auf die Höhe der Werbungskosten).
Tipp: Für eingetragene Lebenspartner gelten dieselben steuerlichen Regeln wie für Ehegatten.
Steuerklassenkombination IV/IV oder III/V
Ehegatten, die nicht dauernd getrennt leben, können für den Lohnsteuerabzug wählen, ob sie beide in die Steuerklasse IV eingeordnet werden wollen oder ob einer von ihnen (der Höherverdienende) nach Steuerklasse III und der andere nach Steuerklasse V besteuert werden will. Zudem besteht die Möglichkeit, die Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor zu wählen (so genanntes Faktorverfahren).
Die Steuerklassenkombination III/V ist so gestaltet, dass die Summe der Steuerabzugsbeträge beider Ehegatten in etwa der zu erwartenden Jahressteuer entspricht, wenn der in Steuerklasse III eingestufte Ehegatte circa 60 Prozent und der in Steuerklasse V eingestufte circa 40 Prozent des gemeinsamen Arbeitseinkommens erzielt.
Bei einem anderen Verhältnis der Arbeitseinkommen kann es aufgrund des verhältnismäßig niedrigen Lohnsteuerabzugs zu Steuernachzahlungen kommen. Aus diesem Grund besteht bei der Steuerklassenkombination III/V generell die Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung nach Ablauf des Jahres.
Tipp: Wenn sie den höheren Steuerabzug bei dem Ehegatten mit der Steuerklasse V vermeiden wollen, müssen sich Ehegatten für die Steuerklassenkombination IV/IV entscheiden. Dann entfällt jedoch für den anderen Ehegatten die günstigere Steuerklasse III.
Auswirkungen der Wahl der Steuerklassen und des Faktorverfahrens
Bei der Wahl der Steuerklassenkombination oder der Anwendung des Faktorverfahrens sollten die Ehegatten daran denken, dass die Entscheidung auch die Höhe der Entgelt- und Lohnersatzleistungen, wie Arbeitslosengeld I, Kurzarbeitergeld, Unterhaltsgeld, Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld, Elterngeld und Mutterschaftsgeld sowie die Höhe des Lohnanspruchs bei der Altersteilzeit beeinflussen kann.
Eine vor Jahresbeginn getroffene Steuerklassenwahl wird bei der Gewährung von Lohnersatzleistungen von der Agentur für Arbeit grundsätzlich anerkannt. Wechseln Ehegatten im Laufe des Kalenderjahres die Steuerklassen, können sich bei der Zahlung von Entgelt- und Lohnersatzleistungen (zum Beispiel bei Arbeitslosigkeit eines Ehegatten oder bei der Inanspruchnahme von Altersteilzeit) unerwartete Auswirkungen ergeben.
Tipp: Arbeitnehmer, die damit rechnen, in absehbarer Zeit eine Entgelt- oder Lohnersatzleistung für sich in Anspruch nehmen zu müssen oder diese bereits beziehen, sollten vor der Neuwahl der Steuerklassenkombination oder der Anwendung des Faktorverfahrens den zuständigen Sozialleistungsträger befragen, welche Auswirkungen sich auf die Höhe der Entgelt- oder Lohnersatzleistung ergeben.
Wohnsitzfinanzamt ist für Anträge zur Steuerklassenwechsel zuständig
Anträge (auch zur Anwendung des Faktorverfahrens) sind an das Finanzamt zu richten, in dessen Bezirk die Ehegatten im Zeitpunkt der Antragstellung ihren Wohnsitz haben (so genanntes Wohnsitzfinanzamt).
Die Anträge für 2021 sind grundsätzlich von beiden Ehegatten gemeinsam mit dem beim Finanzamt erhältlichen Vordruck „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten/Lebenspartnern“ zu stellen.
Tipp: Ein Wechsel der Steuerklassenkombination III/V in IV/IV ist auch auf Antrag nur eines Ehegatten möglich, so dass beide Ehegatten in die Steuerklasse IV eingereiht werden.
Im Kalenderjahr 2021 gilt die im Kalenderjahr 2020 verwendete Steuerklasse grundsätzlich weiter. Soll diese Steuerklasse nicht zur Anwendung kommen, kann bis zum 31. Dezember 2020 eine andere Steuerklasse oder abweichende Steuerklassenkombination beim Wohnsitzfinanzamt beantragt werden. Nur dann erfolgt eine Berücksichtigung bei der Abrechnung für Januar 2021.Ein Steuerklassenwechsel oder die Anwendung des Faktorverfahrens für das Kalenderjahr 2021 kann aber auch noch bis spätestens 30. November 2021 beim Wohnsitzfinanzamt beantragt werden.
Tipp: Im laufenden Kalenderjahr ist ein Steuerklassenwechsel auch mehrfach möglich.
Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor
Im Rahmen der Steuerklassenkombination III/V, die häufig von Alleinverdiener-Ehen gewählt wird, verhindert der hohe Lohnsteuerabzug bei dem Ehepartner mit der Steuerklasse V vielfach die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Obwohl bei der Jahresveranlagung ein Ausgleich erfolgt, erscheint dem Ehegatten mit dem geringeren Einkommen die Tätigkeit häufig nicht lohnenswert.
Tipp: Mit dem Faktorverfahren soll diese Hemmschwelle verringert werden. Hier entspricht der Lohnsteuerabzug in der Regel annähernd der Jahreseinkommensteuer.
Neben den Alternativen IV/IV und III/V kann auf Antrag die Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor gewählt werden. Der dabei ermittelte Faktor ist als Multiplikator anzuwenden auf die nach der Steuerklasse IV ermittelten Lohnsteuerabzugsbeträge.
Durch die Steuerklassenkombination IV/IV in Verbindung mit dem vom Finanzamt zu berechnenden und als Lohnsteuerabzugsmerkmal zu bildenden Faktor wird erreicht, dass für jeden Ehegatten durch Anwendung der Steuerklasse IV der Grundfreibetrag beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt wird und sich die einzubehaltende Lohnsteuer durch Anwendung des Faktors entsprechend der Wirkung des Splittingverfahrens reduziert. Die Lohnsteuerverteilung im Faktorverfahren entspricht der familienrechtlichen Verteilung der Steuerlast im Innenverhältnis der Ehegatten.
Der Faktor ist ein steuermindernder Multiplikator, der sich bei unterschiedlich hohen Arbeitslöhnen der Ehegatten aus der Wirkung des Splittingverfahrens errechnet. Der Faktor kann beim Finanzamt beantragt werden. Der gebildete Faktor gilt dann für zwei Kalenderjahre. Hierfür kann ebenfalls der Vordruck „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten/Lebenspartnern“ verwendet werden. Dabei sind die voraussichtlichen Arbeitslöhne des Jahres 2021 aus den ersten Dienstverhältnissen anzugeben. Das Finanzamt berechnet danach den Faktor mit drei Nachkommastellen ohne Rundung und trägt ihn jeweils zur Steuerklasse IV ein.
Mit dem Faktorverfahren wird der Lohnsteuerabzug der voraussichtlichen Jahressteuerschuld sehr genau angenähert. Damit können höhere Nachzahlungen (und gegebenenfalls auch Einkommensteuer-Vorauszahlungen) vermieden werden, die bei der Steuerklassenkombination III/V auftreten können. In diesen Fällen ist die Summe der Lohnsteuer im Faktorverfahren folgerichtig höher als bei der Steuerklassenkombination III/V.
Tipp: Wann das Faktorverfahren günstiger ist, richtet sich ganz danach, was die Ehegatten wollen. Bei unterschiedlicher Einkommenshöhe der Ehegatten ist die Steuerklassenkombination III/V die erste Wahl, wenn ein möglichst geringer Lohnsteuerabzug gewünscht ist. Der Zinsvorteil wird allerdings dadurch erkauft, dass es bei dem in die Steuerklasse V eingestuften Ehegatten zu einem hohen Lohnsteuerabzug kommt. Bei der Pflichtveranlagung werden zudem häufig Nachzahlungen fällig. Ist das nicht gewünscht, dann sollte das Faktorverfahren gewählt werden. Bei einem nahezu gleichen Einkommensverhältnis empfiehlt sich nach wie vor die Steuerklassenwahl IV/IV.
Grundsätzlich führt die Steuerklassenkombination IV/IV mit Anwendung des Faktorverfahrens zu einer erheblich anderen Verteilung der Lohnsteuer zwischen den Ehegatten als die Steuerklassenkombination III/V. Die Ehegatten sollten daher beim Faktorverfahren – ebenso wie bei der Steuerklassenkombination III/V – daran denken, dass dies die Höhe der Entgelt- und Lohnersatzleistungen oder die Höhe des Lohnanspruchs bei Altersteilzeit beeinflussen kann.
Wie bei der Wahl der Steuerklassenkombination III/V sind die Ehegatten auch bei der Wahl des Faktorverfahrens verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt einzureichen.
Tipp: Das Bundesfinanzministerium stellt im Internet unter www.bmf-steuerrechner.de eine Berechnungsmöglichkeit für den Faktor bereit, damit die Arbeitnehmer-Ehegatten die steuerlichen Auswirkungen der jeweiligen Steuerklassenkombination prüfen können.
Stand: 08.01.2022